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Wenn die kleine Melancholie zwischendurch kommt

Helen & Andreas im Distelfeld

 

Me·lan·cho·lie
Substantiv [die]
melaŋkoˈliː/

  1. bezeichnet eine durch SchwermutSchmerzTraurigkeit oder Nachdenklichkeit geprägte Gemütsstimmung
  2. Der Begriff Melancholie wird in Philosophie, Psychologie, Theologie und Kunst behandelt. Eine ähnliche Bedeutung hat der romantische Weltschmerz.

 

Weltschmerz – und zwar von der ganz großen Sorte. Wer kennt ihn nicht? Davon sind auch wir, die ewig gut gelaunten, quirligen Hochzeitsfotografinnen nicht gefeit. Er kommt meist ganz ohne Vorwarnung und übermannt einen während man nichtsahnend mit einer Tüte Gummibärchen gemütlich auf dem Sofa sitzt und Gilmore Girls schaut.

Meist hat dieses plötzliche Phänomen nicht mal einen bestimmten Auslöser. Wir Kreativen neigen wohl leider alle von Zeit zu Zeit dazu ihm zu verfallen. Dann finden wir alle unsere Werke doof, zweifeln an unserer Arbeit und unserem Stil. Wir sprechen dann mit Kollegen, Freunden und nerven unsere Männer mit der Bitte um „unbeteiligte“ Einschätzungen unserer Werke. Auf der Suche sind wir wohl immer nach dem Gleichem – uns selbst und neuen Wegen wie wir unser Innerstes nach Außen sichtbar machen und in unsere Arbeit einbringen können. Solche Phasen kommen nicht nur, wie man sich vielleicht denken mag im dunklen Winter vor. Nein auch Mitten im Hochsommer, während die Saison tobt kann uns dieser Schwermut überkommen. Getreu dem Motto:

Stillstand ist der Tod

muss dann schnell etwas geschehen um dieser Schaffenskrise zu entfliehen. Wenn ich dann nicht spontan irgendeinen Workshop besuchen kann um neuen Input zu bekommen, helfen mir immer kleine Shootings, in denen ich mal was ganz anderes ausprobieren kann als ich sonst so tue. Das Shooting von Helen & Andreas war genau eines dieser Art. Ich hatte so die Nase voll von den ewig  makellosen Looks meiner Brautpaare, den perfekten Parkanlagen und der hellen Bearbeitung, dass ich das komplette Kontrastprogramm wählen musste.

Das Distelfeld entdeckte ich durch Zufall auf dem Weg zu einem Besprechungstermin und wusste sofort: Das ist genau was ich jetzt brauche. Disteln statt Rosen, Wolken statt Sonnenschein und Straightness statt Honigkuchenlachen. Mein Modellpaar ergänzte genau diese Intentionen par excellence mit perfekten Kontrasten und absoluter Imperfektion. Auch beim Styling entschied ich mich bewusst für ein lässiges Boho Outfit mit Kuschelfaktor. Ich genoss es mal nicht auf gutes Wetter und Sonnenschein zu warten sondern statt dessen an einem X-beliebigen Wochentag mit Bewölkung shooten zu können. Mit all diesen Zutaten im Gepäck konnte das Ganze nur großartig werden und schnell war mein Tatendrang auch wieder zurück, ein neuer moody Bearbeitungslook gefunden und die Schaffenskrise überwunden. Und so werden scheinbare Depressionen positiv genutzt und etwas neues kann entstehen, für das sonst vielleicht nie der Raum gewesen wäre.